- Flora
FLORA, æ, Gr. Χλωρὶς, ίδος.
1 §. Namen. Der lateinische Namen. Flora kömmt von dem griechischen. χλωρὶς her, indem das X in ein F verwandelt ist; Ovid. Fast. V. 195. Hingegen aber stammet χλωρὶς von χλόος ab, welches die grüne Farbe der Kräuter bedeutet, und mithin auch das Ursprungswort des lateinischen Flos ist. Voss. Etymol. in Flos, s. p. 253.
2 §. Herkommen. Von ihren Aeltern ist nichts bekannt; indessen war sie, ihrem Wesen nach, eine Nymphe von den glückseligen Gefilden. Ovid. Fast. V. 197. Die Sabiner brachten ihre Verehrung mit nach Rom. Varro de L. L. l. IV. c. 10. Es hat daher keinen genugsamen Grund, wenn einige sie mit einer berufenen Hure dieses Namens verwechseln. Bayle Dict. hist. crit. art. Flora. Gleichwohl wollen andere, daß sie eigentlich die Acca Laurentia, oder eine gemeine Hure zu Rom gewesen, welche das römische Volk zum Erben ihres großen Vermögens eingesetzet, und dabey verlanget hätte, daß man jährlich ihren Geburtstag öffentlich begehen sollte, woraus man denn hernach die Floralien oder das Fest einer Bluhmengöttinn gemacht. Sieh Acca Laurentia.
3 §. Wesen. Weil sowohl die Blüten der Bäume, des Getraides und des Weinstocks; als auch die eigentlichen Bluhmen in den Gärten, u.s.f. Flores heißen: so wurde sie für deren Göttinn insgesammt verehret. Sie sollte insonderheit machen, daß besagte Dinge wohl und glücklich blühen, und erstere sodann auch ihre, erwünschten Früchte bringen möchten. Lactant. Inst. l. I. c. 20. §. 7. & Ovid. Fast. V. 212. Diese Gewalt hatte sie vom Zephyrus bekommen. Denn als er sie eines Males im Frühlinge herum irren sah, so wurde er von ihrer schönen Gestalt dermaßen eingenommen, daß er sie nicht nur mit aller Macht verfolgete, als sie vor ihm floh; sondern, da er sie auch eingeholet, und zu seinem Willen gehabt hatte, sie selbst zur Gemahlinn behielt, und zur Morgengabe freye Willkühr über die Bluhmen ließ. Id. ib. v. 201–212.
4 §. Verehrung. Ihren Dienst brachte schon Tatius mit nach Rom, daß sie also lange vor Erbauung dieser Stadt bey den Sabinern verehret worden. Varro de L. L. l. IV. c. 10. Es scheint, daß sie von den Griechen dahin gekommen; weil Praxiteles ihre Bildsäule soll verfertiget haben. Plin. H. N. l. XXXVI. c. 5. n. 5. Ihr Fest wurde auch bey den Massiliern gefeyert, die doch eine griechische Colonie waren. Iustin. L. XLIII. c. 4. Ihr wurden aber im 513 I. R. zuerst die floralischen Spiele von den Baumeistern Lucius und M. Publicus Malleolis, für das Geld gehalten, welches die zur Strafe erlegen mußten, die mit ihrem Viehe die offentlichen Güter abhüteten. Voss. Theol gent. l. I. c. 12. Ovid. Fast V. 283. Indessen unterblieben sie doch wieder auf die sechs und sechzig Jahre. Ovid. 265. & ad eum Neapol. l. c. Es fielen aber darauf solche Jahre ein, in denen die meisten Bluhmen und Blüthen verdarben. Man beschloß also im 686 I. R. sie alle Jahr zu halten. Id. ib. v. 327. Spanhem. de V. & Pr. N. p. 146. T. II. Es gieng dabey alles in bunten Kleidern, mit Kränzen von allerhand Bluhmen aufden Köpfen; die Tische wurden mit Rosen bestreuet, und dergleichen auch von den Häusern herunter auf die Vorbeygehenden geworfen. Ovid. l. c. v. 335. Vornehmlich wurden bey den Spielen, in dem ihr gewidmeten Rennkreise, ganze Schaaren Huren aufgeführet, die ganz nackend allerhand Spiele trieben, mit einander als Klopfechter fochten, und andere Ueppigkeiten mehr verübeten, welches insonderheit des Nachts bey angezündeten Fackeln geschah. Lactant. Inst. l. I. c. 20. §. 10. & Schol. Vet. ad Iuvenal. Sat. VI. v. 249. Dabey streueten die Baumeister Bohnen, Erbsen und dergleichen Früchte unter das Volk, um solcher Gestalt die Erde mit ihren eigenen Geschenken zu versöhnen. Persius Sai. V. v. 177. ad eum Schol. Vet. Cf. Dempster. ad Rosin. l. II. c. 20. Diese Floralien wurden jährlich den 27 April gehalten, und nach dem Rathe der sibyllinischen Orakel eingeführet. Plin. H. N. l. XXVIII. c. 29. Sie waren zweyerley, bürgerliche und bäuerische, wovon diese in obbesagtem Kreise, jene aber in dem Theater, das auf dem Vico patricio stund, gehalten wurden. Nardin. l. IV. c. 6. Es soll diese Feyer noch auf einem geschnittenen Steine vorkommen, wo man ihre Bildsäule auf einem Postamente vor einem schönen Tempel stehen sieht. Sie hält einen Bluhmenkranz in der rechten Hand und siebenzehn Weibespersonen sind dabey beschäfftiget, worunter eine aufder Leyer spielet und einige nackend tanzen. Andere tragen Körbe voller Bluhmen auf den Köpfen oder reichen sie der Göttinn in einer demüthigen Stellung dar. Eine liegt so gar bey dem dargebrachten Korbe auf ihrem Gesichte, und noch eine hat ein Gefäß, um vielleicht ein Trankopfer zu bringen. Lipperts Dactyl. I Taus. 951 N. Der Tempel solcher Göttinn war mit dem Rennkreise vereinbaret, Alex. Donat. l. III. c. 5. p. 234. & Nardin. l. c. und ebenfalls von obbesagten Publiciern mit erbauet, obgleich schon Numa Pompilius ihre Flamines eingesetzet hatte. Varro de L. L. l. VI. c. 3. Cf. Voss. l. c.
5 §. Bildung. Sie wird als ein annehmliches Frauenzimmer vorgestellet, das einen Kranz von schönen Bluhmen auf dem Kopfe hat, und dabey ein Kleid trägt, welches ebenfalls mit den schönsten bunten Bluhmen bestreuet ist. Chartar. Imag. 39. Ihr Kopf kömmt mit Bluhmen bekränzet auf einigen Münzen der claudischen und servilischen Familien vor. Begeri. Thes. Br. T. II. p. 548. & 585. Haverc. Thes. Mor. T. I. p. 93. & 391. So erscheint sie auch auf andern alten Denkmälern, wobey sie einen Bluhmenkranz, ein Horn deseberflusses u.d.g. in der Hand hat. Montfauc. Antiq. expl. T. I. P. II. tab. 182. 183. Auf einer Bildsäule, welche man gern für des Praxiteles seine ausgeben mochte, ist ihre Kleidung von der Beschaffenheit, daß sie den Begriff einer Buhlerinn den ihr rege machen kann. Maffei Statue ant. tab. LI. p. 49.
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