- Satyri
SATYRI, orum, Gr. Σάτυροι, ων, (⇒ Tab. XVI.)
1 §. Namen. Diese vermeynten Götter haben ihren Namen, nach einigen, von dem dorischen Worte σάταρ welches so viel, als schwärmen und spielen, heißt. Casaub. ap. Voss. Etymol. in Satyriasis. Nach andern kommt er von σάθη, das männliche Glied, weil sie sehr unzüchtige und geile Körper waren; Schol. Theocrit. Idyll. IV. v. 62. & Macrob. Sat. l. I. c. 8. nach den dritten von sathar, verborgen seyn, weil sie sich meist in Höhlen und dergleichen Schlupflöchern aufhielten; Casaub. l. c. und nach den vierten von Sair, ein Bock, weil sie diesem an Gestalt sehr gleich kamen. Bochart Can. l. I. c. 18.
2 §. Herkommen. Einigewollen gar nicht wissen, wer ihre Aeltern seyn. Nat. Com. l. V. c. 7. Andere geben ihnen doch zum Vater den Mercurius, und zur Mutter die Nymphe Iphthime. Nonn. Dionys. XIV. 113. Wiederum andere wollen, daß sie Bacchus gezeuget, als er die Naiade, Nicäa, Sangars Tochter, durch List berauschet hatte. Memnon ap. Phot. p. 383.
3 §. Wesen und Eigenschaften. Sie waren Götter der Wälder, Berge und Felder, allein von dermaßen unkeuscher und geiler Art, daß sich weder Nymphe, noch ander Frauenvolk, sicher vor ihnen durfte sehen lassen. Heracl. de Incredib. c. 25. Sie gaben hierbey insonderheit Gefährten des Bacchus ab, als mit dem sie mit Tanzen und Springen zugleich einher zogen. Plato Poeta ap. Nat. Com. l. V. c. 7. Eigentlich hiessen. sie Satyrn, so lange sie noch jung waren, wenn sie aber alt wurden, Silenen. Pausan. Att. c. 23. p. 41. Serv. ad Virg. Ecl. VI. 14.
4 §. Bildung. Sie waren Manns personen mit kleinen Ziegenhörnern vorn am Kopfe, hatten auch dergleichen Beine, und einen Schwanz, wie ein Pferdeschwanz, ob solcher gleich nicht eben so gar groß war. Dabey waren sie über und über rauch und röthlich, auch sonst im Gesichte lächerlich und schnakenhaft gebildet. Paus. Att. c. 23. p. 41. Sie führeten hiernächst in ihren krummen Händen gemeiniglich Pfeifen, tanzeten und sprangen dabey, oder machten doch sonst allerhand unzüchtige Bewegungen, jedoch ohne, daß sie einige Rede von sich vernehmen liessen. Pomey Panth. P. II. p. 164. Auf einem Paar herkulanischen Gemälden sieht man sie mit langen Hörnern, einem strobelichten Barte, Ziegenohren, Schenkeln und Beinen, in der Bewegung sich mit einem Ziegenbocke zu stoßen. Pitt. ant. d'Ercol. T. II. tav. 42. In dieser Beschäfftigung erblicket man sie auch auf verschiedenen geschnittenen Steinen. Beger. Thes. Brand. T. I. p. 154. Mus. Florent. T. I. t. 89. n. 1. & 3. Auf einigen stoßen sie sich wirklich und haben dabey die Hände auf dem Rücken. Mus. Flor. l. c. n. 2. Borioni Collect. Ant. t. 53. Desgleichen kommen sie vielfältig, auf Pfeifen und Hörnern blasend, tanzend und in andern Verrichtungen, auf denselben vor. Lipperts Dactyl. I Taus. 395 u. f. N. Sie sind von den Faunen leicht zu unterscheiden, welche stets eine vollkommene Menschengestalt haben, wiewohl ihre Gesichter bäurisch sind. Die Satyrn hingegen haben idealische Bocksgesichter, dergleichen Kopf man auf einer Gemme sieht. Maffei gem. ant. P. III. t. 50. Dabey sind sie mit Bockshörnern und Bocksfüßen versehen, und haben vielfältig auch stark behaarte Schenkel und Beine, wie die großen Affen oder Baviane. Der Ausdruck ihrer Muskeln ist stark und nicht fett. Lippert a. a. O. 191 S. Ihre Gliedmaßen müssen fest und an ihrem ganzen Leibe muß etwas hartes seyn. Callist. stat. I. p. 890. Philostr. Icon. l. I. n. 22. p. 796. Insgemein sind zwey Gewächse zum Ansatze der Hörner auf der Stirne und krause straubichte Haare bey jungen, so wie bey den alten die den Bockshaaren ähnlichen Haare, die Kennzeichen derselben. Winkelmanns Anmerk. 56 S. Ej. Mon. antichi p. 73. Auf einer erhabenen Arbeit in der Villa Albani trägt ein Satyr in völliger menschlicher Gestalt, der an dem Kopfe drey Hörner, Eselsohren und hinten ein Schwänzchen hat, und in Gesellschaft einer Mänade herum springt, in der Rechten ein Gefäß und in der Linken einen Stab, an dessen obern Spitze viere gegen dieselbe von unten hinauf kleiner werdende Epheukränze hängen. Ivi. Mon. 60.
5 §. Eigentliche Beschaffenheit. Einige behaupten, daß es deren wirklich gebe; als in Indien, Plin. H. N. l. VII. c. 2. auf dem Berge Atlas, Freinshem. Suppl. Livian. l. LXXXV. c. 11. und anderweits in Afrika, Pompon. Mela l. III. c. 9. & l. I. c. 4. in den satyridischen Inseln u.s.f. Paus. Attic. c. 23. p. 41. Man will auch ehemals einen dergleichen bey Dyrrachium gefangen haben, den man zum Sylla gebracht. Freinshem. l. c. c. 12. Desgleichen soll einer bey dem heiligen Antonius, als ein Gesandter der andern, erschienen seyn, und ihn gebethen haben, bey Gott für sie das Wort zu reden, daß ihnen Christi Verdienst doch auch zu gute kommen möchte. Id. ib. c. 17. Allein, es ist gewiß, daß solches entweder nichts, als eine Art Affen, oder ein Teufelsgespenst, oder Misgeburten der Natur, oder verkleidete Menschen, leichtfertige Hirten, und dergleichen gewesen, die etwa eine Bockshaut um sich genommen, und also ihres gleichen, oder auch andere Menschen, zu fürchten gemacht. Ban. Erl. der Götterl. III B. 667 S.
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