Tithónvs

Tithónvs

TITHÓNVS, i, Gr. Τιθωνὸς, ου, ( Tab. VII.)

1 §. Aeltern. Nach einigen war er Laomedons Bruder, und also des Ilus Sohn. Serv. ad Virgil. Aen. I. 493. IV. v. 585. & Georg. I. v. 447. & Eustath. ap. German. ad Virgil. Georg. III. v. 47. Allein, richtiger ist es, daß er Laomedons Sohn und des Priamus Bruder gewesen. Hom. Il. Υ. 237. Jedoch haben sie nicht eine Mutter gehabt. Denn Priams Mutter hieß Leucippe, Tithons Mutter aber Strymo, oder auch Rhöo, und soll des Skamanders Tochter gewesen seyn. Tzetz ad Lycoph. v. 18. Jedoch will man ihn auch so, wie den Laomedon, lieber zu des Tros Sohne machen. Rein. Reinecc. T. III. de Troj. orig. & imp. p. 13.

2 §. Schicksal. Weil er von einer ungemeinen Schönheit war, und Aurora ihn eines Males in einer Schlacht ersah, so entführete sie ihn nach Aethiopien, und zeugete mit ihm den Memnon und Emalthion. Apollod. l. III. c. 11. §. 4. & Serv. ad Virgil. Georg. III. v. 48. Er schickete den ersten dem Priamus zu Hülfe, wozu er durch das Geschenk eines goldenen Weinstockes soll seyn bewogen worden. Serv. ad Virgil. Aen. I. 493. Aurora liebete ihn so sehr, daß sie sich auch von den übrigen Göttern für ihn ausbath, er möchte nicht sterben. Weil sie aber dabey vergaß, daß er auch in seiner jungen Lebhaftigkeit bleiben möchte, so wurde er zuletzt so alt und schwach, daß man ihn von neuem in eine Wiege legen, und wie ein kleines Kind warten mußte. Er bath hierauf endlich die Aurora selbst, sie möchte doch verschaffen, daß er die Unsterblichkeit ablegen könnte. Allein, da sie ihn solcher Bitte nicht gewähren konnte, so verwandelte sie ihn dafür in eine Heuschrecke. Tzetz. ad Lycophr. v. 18. Didym. ad Homer. Il. Λ. 1. Serv. l. c. III. 328. Sie hieng ihn dabey in einem Korbe in die Luft. Horat. l. I. Od. 25. & ad eum Desprez. l. c.

3 §. Eigentliche Historie. Er war allerdings ein trojanischer Prinz, welcher in die orientalischen Länder in den Krieg gieng. Diod. Sic. l. IV. c. 77. p. 192. Weil ihm sein Bruder, der seinem Vater in der Regierung gefolget war, an derselben vermuthlich wenig Antheil ließ, so hatte er keine andere Beschäfftigung, als die Jagd, die er unerhört liebete, und wozu er alle Morgen noch vor der Sonne Aufgange aufstund. Daher sagete man denn, er sey in die Aurora verliebt. Da er nun auch mit dem ihm zugetheilten Gehalte schlecht zufrieden war, oder sonst einen Verdruß hatte, so verließ er Phrygien, und begab sich zum Teutamus nach Assyrien, von welchem das trojanische Reich damals abhieng. Dieser nahm ihn gütigst auf und machete ihn zu seinem Feldherrn. Er soll ihm auch seine Tochter Ida zur Gemahlinn gegeben haben, mit welcher er den Memnon gezeuget. Ban. Erl. der Götterl. V B. 313 S. Daher glaubete man denn, daß er von der Aurora, welche alles bedeutet, was sich gegen Morgen befindet, geraubet worden. Boccacc. l. VI. c. 10. Weil er sich auch durch seine Leibesübungen einen gefunden und starken Körper verschaffet und sein Leben also hoch gebracht, so erdichtete man daraus die Verwandlung in eine Heuschrecke. Banier a. a. O. 314 S. Nach einigen war er ein großer Beobachter der Sterne, welcher erst mit Anbruche des Tages schlafen gieng. Didym. ad Hom. Od. Ε. 1. Andere wollen, daß er dafür die Nächte in Wollüsten zugebracht, Dam. Lex. etym. p. 3017. den ganzen Tag über dagegen geschlafen habe. Athenæ. l. XII. c. 12. p. 548. Er soll die Stadt Susa erbauet haben, Nat. Com. l. VI. c. 5. und endlich noch vor Kummer gestorben seyn, als er seines Sohnes, Memnons, Tod vernommen. Boccacc. l. c.

4 §. Anderweitige Deutung. Einige machen ihn nur zu einem bloßen Gedichte, unter welchem man die Wollust vorstellen wollen, die bey dem Alter vergehe, und nichts mehr, als ein Reden von dem, was sie ehemals gethan, übrig lasse. Baco Verulam sapient. vet. c. 4. Nach andern ist er ein Bild alter Leute überhaupt, welche, wenn sie nichts mehr verrichten können, dennoch ungemein geschwätzig sind, und daher gar wohl den Heuschrecken können verglichen werden. Tzetz. ad Lycophr. v. 11. & Voss. Theol gent. l. III. c. 44.


http://www.zeno.org/Hederich-1770.

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