Tityvs

Tityvs

TITỸVS, yi, Gr. Τίτυος, ου, ( Tab. X.)

1 §. Namen. Dieser soll von dem ebräischen Tith herkommen, welches so viel, als Schlamm, oder eine mit Wasser vermengete Erde bedeutet. Huet. D. E. Propos. IV. c. 8. §. 3. & Voss. Theol. gent. l. III. c. 2. Er ist daher mit des Kallimachus πηλογόνος einerley. Callimach. Hymn. in Iovem v. 3. & ad eum Vulcanius l. c.

2 §. Aeltern. Sein Vater war selbst Jupiter, die Mutter aber Elara, des Orchomenus Tochter, welche Jupiter, aus Furcht vor der Juno, in die Erde versteckete. Als sie daselbst gestorben war, so brachte die Erde solchen Riesen hervor. Apollod. l. I. c. 4. §. 1. & German. ad Virgil. Aen. VI. v. 595.

3 §. Thaten und Tod. Er erblickete von ungefähr die Latona; und, weil ihm deren Gestalt gefiel, so wollte er sie zu seinem Willen haben. Diese aber rief in solcher Noth ihre Kinder, den Apollo und die Diana, um Hülfe an, da denn, nach einigen, Apollo, Apollod. l. I. c. 4. §. 1. nach andern, Diana, Callimach. Hymn. in Dian. v. 110. und nach den dritten sie ihn beyderseits mit ihren Pfeilen erschossen. Pausan. Lacon. c. 18. p. 197. Phoc. c. 11. p. 628. & Schol. ad Callimach. ad l. c. Doch wollen auch einige, es habe ihn insonderheit Juno angereizet, sich an die Latona zu machen. Hygin. Fab. 55. Cf. Schol. Apollon. ad l. I. v. 760. Es soll ihn aber auch Jupiter selbst mit dem Blitze in die Holle geschlagen haben. Hygin. l. c.

4 §. Strafe nach dem Tode. Er liegt in der Hölle ausgestreckt, da er denn neun Morgen Landes mit seiner ungeheuren Größe bedecket. Homer. Odyss. Λ. v. 575. Tibull. l. I. Eleg. 3. v. 37. & Lucret. l. III. v. 1001. Ein Geyer soll ihm die Leber wegfressen. Virgil. Aen. VI. v. 597. Dieses will man noch auf einem geschnittenen Steine entdecken, woselbst einer auf Felsen lang hingestreckt liegt, und ein sehr großer Vogel ihm den Bauch aufgerissen hat. Gronov. thes. ant. gr. T. I. fol. 22. & Wilde gem. ant. n. 5. Allein, man hat schon bey einem ähnlichen Steine angemerket, daß er eben so wohl den Prometheus vorstellen könne. Maffei gem. ant. T. IV. p. 152. Nach andern waren zween Geyer zu seiner Strafe bestimmt. Homer. l. c. v. 577. Einige nehmen Schlangen dazu Demetr. in Pindar. ap. Muret. ad Tibull l. c. Damit aber seine Plage nicht aufhöre, so wuchs ihm die Leber alle Monate wieder. Hygin. Fab. 55. Cf. Luctat. ad Stat. Theb. l. I. v. 100.

5 §. Eigentliche Bewandniß. Was von ihm erzählet wird, soll sich meist zu Panopes, in Phocis, begeben haben. Strabo l. IX. p. 422. Man sah daselbst an einem gewissen Bache sein Grab, welches gleichwohl mit seinem ganzen Umkreise nicht mehr, als den dritten Theil eines Stadiums, enthielt, daß also die neun Morgen Landes von dem ganzen Platze zu verstehen sind, wo sich dessen Grab befunden hat. Pausan. Phoc. c. 4. p. 615. Es scheint aber daher, daß er nur ein Tyrann an besagtem Orte gewesen, der endlich an der Pest gestorben ist; und weil er des Nachts die Sterne fleißig beobachtet, so hat man seine Liebe zur Latona daraus gemachet Daß er aber auf der Erde so lang ausgestrecket liege, kann bedeuten, daß er sorgfältig das Feld gebauet. Dam. Lex. etymol. p. 3018. Doch wollen auch einige lieber den Og von Basan unter ihm verstehen Huet. D. E. Propos. IV. c. 8. §. 3. Gleichwohl soll Rhadamanth eme Reise nach Euböa gethan haben ihn zu sprechen. Hom. Od. H 323. Daselbst fand sich auch eine Höhle, die man nach seiner. Mutter, Elara, benannte, und sein Heroum, wobey ihm einiger Dienst erwiesen wurde. Strabo l. c. p. 423. Man hat daher gemuthmaßet, Jupiter habe ihn nach Euböa geschicket, und in der Höhle daselbst erziehen lassen, damit er seinen Liebeshandel vor der Juno verbörge; und die Euböer hätten sich eine Ehre daraus gemachet, ihn bey sich gehabt zu haben. Rhadamanths Besuch also sey damals geschehen. Dacier. Rem. 103. à l'Odyss. l. XI. p. 128.

6 §. Anderweitige Deutung. Einige machen ihn zu einem Bilde der Geilheit, und wollen, man habe deswegen gedichtet, daß die Geyer ihm die Leber abgefressen, weil solche eigentlich der Sitz und Ursprung derselben sey. Heraclid. Alleg. Hom. p. 434. & Lucret. l. III. v. 1006. Cf. Serv. ad Virgil. Aen. VII. v. 596. Andere wollen mit ihm beweisen, daß keine Stärke, Größe oder Gewalt so groß sey, welche dem göttlichen Gerichte sich widersetzen könne, sondern, daß die Mishandlungen der Größten und Mächtigsten auch mächtig gestrafet werden. Omeis Mythol. in Tityus, p. 255.


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