- Evander
EVANDER, i, Gr. Ἔυανδρος, ου, (⇒ Tab. XV.)
1 §. Namen. Diesen sehen einige nicht für den eigentlichen Namen dieses Königes an, sondern wollen, daß er ihm nur, als ein Lobspruch, sowohl wegen seiner eigenen Mannheit und Tapferkeit, als derer gegeben worden, die er als eine Colonie aus Arkadien nach Italien geführet. Voss. Theol. gent. lib. I. c. 12. Wenigstens ist solcher von εὖ, gut, und ἀνὴρ, Mann, zusammen gesetzet. Wie er aber mit seinem eigentlichen Namen geheißen haben soll, will sich nirgends finden.
2 §. Aeltern. Sein Vater ist, nach gemeiner Meynung, Mercurius, Dion. Halic. A. R. lib. I. c. 3. die Mutter aber Karmenta oder Nikostrata, Aur. Vict. de O. G. R. c. 5. eine Nymphe und Tochter des Flusses Ladons gewesen. Pausan. Arcad. c. 43. p. 525. Einige machen ihn dabey zu einem Enkel des Pallas, Königs in Arkadien, und geben ihm einen Echemus zum Vater. Serv. ad Virg. Aen. VIII. v. 51. & 130. Andere aber glauben, er werde aus keiner andern Ursache für des Mercurius Sohn angegeben, als weil er ein sehr beredter Mann gewesen. Theodont ap. Boccacc. lib. XII. c. 66.
3 §. Vaterland und Colonie. Jenes war überhaupt Arkadien, insonderheit aber darinnen Pallantium, ein Ort, der endlich zu einem Dorfe geworden, von dem Kaiser Antonin aber wieder zu einer Stadt gemacht, und mit vielen Freyheiten begabet wurde. Pausan. Arcad. c. 43. p. 525. Hieselbst hatte er, nach einigen, auf Anstiften seiner Mutter, seinen Vater erschlagen; Serv. ad Virg. Aen. VIII. v. 51. oder, da es sonst zu einem Aufruhre kam, und er mit seiner Partey seinen Feinden nicht gewachsen war, so setzete er sich mit denselben zu Schiffe, und gieng, auf Einrathen seiner Mutter, die zugleich eine berühmte Weißagerinn war, mit selbiger nach Italien. Ovid. Fast. lib. I. v. 471. Er wurde daselbst von dem Faunus, als damaligem Könige der Gegend, wo er anlandete, nicht nur wohl aufgenommen, sondern weil er sich gar bald in dessen volle Gunst zu setzen wußte, so bekam er so viel Land geschenket, als er und seine zwey Schiffe voller Leute, zur Erbauung einer Stadt nöthig hatten. Aur. Vict. de O. G. R. c. 5. Jedoch wollen einige, daß er sich selbst eines Stückes Landes, durch Vertreibung der damaligen eingeborenen Einwohner, bemächtiget habe. Serv. l. c.
4 §. Thaten. Er bauete fürs erste in Italien die Stadt Pallantium, auf dem hernach von solchem also benannten palatinischen Berge; Virgil. Aen. VIII. v. 53. Aurel. Vict. de O. G. R. c. 5. & Serv. ad Virg. l. c. oder nach andern unten an demselben. Dion. Hal. A. R. lib. I. c. 3. Sodann führete er insonderheit die Verehrung des Pans ein, und stiftete selbigem zu Ehren die Luperkalien. Liv. lib. I. c. 5. Als darauf Herkules mit des Geryons Rindern nach Italien kam, und ihm Kakus deren einige entwendete, so stillete er nicht nur die zusammen gelaufenen Hirten, als Herkules seinen Räuber erleget hatte, sondern weil ihm seine Mutter dieses Helden Ankunft schon vorher gesagt, auch, daß selbiger dereinst die Anzahl der Götter vermehren würde, ihn bedeutet hatte, so erwies er ihm alle Ehre, errichtete ihm auch einen besondern Altar, und stiftete zu dessen Priestern die beyden vornehmsten Familien die Pinarier und Potitier. Id. ibid. c. 7. Hiernächst zeigete er den Landeseingeborenen das Lesen und Schreiben, wie nicht weniger die Kunst, das Getraide zu säen, und zur Speise zuzubereiten. Aurel. Vict. l. c. Den Aeneas nahm er mit der Zeit nicht weniger gütig auf, und schickte ihm endlich selbst seinen einigen Prinzen, den Pallas, mit einer Anzahl seiner Leute, wider den Turnus zu Hülfe, war aber dabey so unglücklich, daß er besagten seinen Sohn, durch des Turnus Schwert, verlohr. Virg. l. c. v. 154. & lib. X. v. 442.
5 §. Familie. Von dieser steht ein mehrers nicht beyzubringen, als schon geschehen. Wenn er aber mit dem Aeneas in Italien zusammen gekommen seyn soll, so will es sich bey der nachgesetzten Genealogie nicht wohl glauben lassen, als, nach welcher letzterer gegen ihn allzu tief herunter kömmt, ob sie wohl sonst beyde den Jupiter und Atlas zu Stammvätern gehabt haben.
a) Virgil. Aen. VIII. v. 134. & ad eum Servius itemque Germanus l. c. b) Homer. Il. Υ. v. 216. Sie kommen aber gleich um ein Paar Geschlechter näher an einander, wenn man annimmt, was gleichfalls einige sagen, daß Mercur der Vater der Nikostrata, Evanders Mutter, und Assarakus gleich Erichthons Sohn gewesen. Serv. l. c. v. 130. Setzet man nun noch hinzu, daß die Arkadier sehr lange sollen gelebet haben, Id. ad v. 51. so ist bey ihrer Zusammenkunft so viel unwahrscheinliches nicht mehr.
6 §. Verehrung und Zeit. Er wurde mit der Zeit mit unter die Deos indigetes der Römer gezählet, und ihm jährlich sein Opfer an dem aventinischen Berge gebracht. Voss. theol. gent. lib. I. c. 12. Sonst soll er ungefähr sechzig Jahr vor dem Aeneas nach Italien gekommen seyn, Aur. Vict. de O. P. R. c. 5. und zwar insonderheit im Jahre der Welt 2698, Anna Fabra ad Victor. l. c. zu welcher Zeit Gideon Richter bey den Israeliten war. Calvis. Chron. ad A.M. 2687–2718.
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