- Oannes
OANNES, is, das erste von den sieben berufenen Thieren in der chaldäischen Mythologie, die man für Halbgötter ausgiebt und Annedoten nennet. Abyden. ap. Syncel. p. 39. Sieh Annedoti. Es soll wie ein Fisch gestaltet gewesen seyn, und unter seinem Fischkopfe noch einen andern Menschenkopf, desgleichen Menschenfüße, die aus seinem Fischschwanze hervorgekommen, und eine menschliche Stimme gehabt haben, wovon man das Bild noch zu Anfange der griechischen Monarchie gesehen. Alexand. Polyh. ap. Syncel. p. 28. Einige nennen solches Oes oder Oen, wofern dieses nur nicht eine Abkürzung oder Verfälschung des Namens ist. Scaliger ad Euseb. Græca. p. 407. Sie setzen hinzu, es habe sowohl Hände, als Kopf und Füße eines Menschen gehabt, und man habe gesaget, es sey aus dem ursprünglichen Eye entstanden, wie denn sein Namen solches auch anzeige. Helladius ap. Phot. cod. 279. p. 874. l. 33. Denn Ὠον heißt ein Ey. Des Tages über gieng es mit den. Menschen um, ohne etwas zu essen, und lehrete dieselben die Kenntniß der Buchstaben und die Wissenschaften nebst dem Gebrauche verschiedener Künste. Es wies sie an, in Städten beysammen zu wohnen, Tempel zu bauen, Gesetze zu entwerfen, und alles das vorzunehmen, was zu einem gesitteten Leben nöthig oder dienlich war. Dabey lehrete es sie die Meßkunst und zeigete ihnen die Einsammlung der Feld- und Baumfrüchte und den Anbau derselben. Wenn die Sonne untergieng, so begab es sich wieder in das Meer und blieb die Nacht daselbst; weil es im Wasser und auf dem Lande leben konnte. Seinen Unterricht aber gab es nicht allein mündlich, sondern soll ihn auch schriftlich verfasset und Bücher vom Ursprunge aller Dinge und von der bürgerlichen und häuslichen Gesellschaft aufgesetzet haben. Alexand. Polyh. l. c. Man will, es soll mit dem Euhadnes einerley gewesen seyn, welcher in Chaldäa aus dem Meere gekommen und daselbst die Sterndeuterkunst gelehret habe. Hygin. Fab. 274. p. 389. Damit man nun mehr Aehnlichkeit in dem Namen finde, so schreibt man solchen Euhanes; Scalig. l. c. oder Evahanes. Allg. Welthist. I Th. 187 S. Es soll aber solcher Namen von dem syrischen Onudo, herkommen, welches einen Reisenden, einen Fremden, bedeutet, woraus auch leicht Annedot habe können gemacht werden. Ebend. 186 S. A. Dieser Oen oder Oannes soll auch in der That nur ein Mensch gewesen seyn, den man deswegen für einen Fisch ausgegeben, weil er vom Kopfe bis auf die Füße mit Fischhäuten bekleidet gegangen. Hellad. l. c. Man vermuthet, daß er zu einer Zeit, die sich nicht bestimmen läßt, über das Meer nach Chaldäa gekommen, den Einwohnern daselbst einige erbliche alte Sagen mitgetheilet, und einige Grundsätze der Weltweisheit bekannt gemacht, wovon er ihnen einige Aufsätze hinterlassen. Weil er alle Abend wieder in sein Schiff zurückgekehret, so hat man daher gesaget, daß er sich des Nachts in das Meer begäbe; und weil er auf seinem Schiffe gespeiset, vorgegeben, er äße gar nichts, u.s.w. Ban. Erl. der Götterl. I B. 155 S. Da seine Gestalt mit des Götzen Dagons seiner übereinkommt, und unter den folgenden Annedoten einer ist, welcher Odakon soll geheißen haben, so hat man den Gott der Philister darunter finden wollen. Selden. de Diis Sir. Synt. II. c. 3. p. 264. Doch haben andere dafür gehalten, daß er mit der Serer Puoneuo einerley sey, und unter ihm und den Annedoten Noah mit seinen dreyen Söhnen verstanden worden. Voss. de LXX interpret. p. 409.
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