Devcalion

Devcalion

DEVCALĬON, ónis, Gr. Δευκαλίων, ωνος, ( Tab. XXV.)

1 §. Namen. Diesen wollen einige lieber für keinen eigentlichen Namen einer Person ansehen, sondern, indem sie ihn aus dem Phönicischen von Digle Ion, d.i. Fahne der Ionen, herleiten, für die Benennung ganzer Fahnen oder Haufen derer angeben, welche der deukalionischen Wasserfluth entgangen sind. Cleric. Compend. Hist. univ. p. 15. Wenigstens soll er sonst auch Opus geheißen haben. Triclin. ad Pindar. Ol. VI. ap. Muneker. ad Hygin. Fab. 53. Andere wollen lieber einen deutschen Namen aus Deukalion machen, doch erklären sie sich nicht, was er heißen oder für einer seyn solle. Abel Hist. Monarch. lib. II. c. 1. §. 13.

2 §. Aeltern und Nation. Für seinen Vater wird insgemein Prometheus, des Japetus Sohn, angegeben. Apollod. lib. I. c. 7. §. 2. Allein zur Mutter geben ihm einige die Pandora, Hesiod. ap. Schol. Apollon. ad lib. III. v. 1085. andere die Klymene; Serv. ad Virgil. Ecl. VI. v. 42. Wenn ihn aber einige auch bald zu des Haliphrons und der Jophossa, einer Nymphe, bald zu des Minos und der Pasiphae, bald zu des Asterius und der Kreta, bald zu noch anderer Sohne machen, so vermengen solche unterschiedene Deukalionen mit einander. Nat. Com. lib. VIII. c. 18. cf. Schol. Apollon. adlib. III. v. 1086. Insgemein wird er dabey für einen Griechen angesehen: doch machen ihn auch einige zu einem Scythen, Lucian. ap. Abel Hist. Monarch. lib. II. c. 1. §. 13. andere zu einem Aegypter, Prideaux ap. eumd. l. c. und die dritten lieber gar zu einem Deutschen. Abel ipse l. c.

3 §. Stand und Schicksal. Er wird insgemein für einen König angegeben, und besaß nach einigen Lykorea, die Gegend am Berge Parnasse. Marm. Oxon. Epoch. IV. Orosius ap. Perer. inter Varios ad Iustin. lib. II. c. 6. Nach andern hatte er dergleichen in Lokris, Strab. lib. IX. cf. Schol. Theocr. ad Idyll. XV. v. 141. nach den dritten die Gegend um Athen, Paus Att. c. 18. p. 32. wenigstens einen ziemlichen Theil von Thessalien, Hellanic. ap. Schol. Apollon. ad lib. III. v. 1086. zuförderst um Pythia inne. Apollod. lib. I. c. 7. §. 2. & Iustin. l. c. Jedoch geben einige auch zum Orte seiner Zuflucht bald den Berg Athos in Macedonien an; Serv. ad Virgil. Ecl. VI. v. 41. bald soll es der Aetna in Sicilien seyn; Hygin. Fab. 153. und bald heißt es, er sey endlich zu Dodona geblieben. Thrasybul. ap. Nat. Com. lib. VIII. c. 18. Indessen war sowohl er, als seine Gemahlinn, die Pyrrha, fromme und gottesfürchtige Leute, so daß niemand Recht und Billigkeit mehr liebete, als er, und niemand die Götter mehr verehrete, als sie. Ovid. Metam. I. v. 322. Als daher Jupiter, nach einigen, insonderheit an dem Lykaon, ersehen, wie böse die Menschen geworden, und deswegen beschlossen hatte, solche insgesammt im Wasser verderben zu lassen; Idem ibid. v. 240. oder, nach andern, auch hierzu durch die Unmenschlichkeit der Giganten, deren Abkömmlinge, die übrigen Menschen, allein auch nicht besser, als ihre Stammväter waren, bewogen worden, Serv. ad Virgil. loc. cit. so warnete Prometheus den Deukalion dießfalls. Er bauete sich also einen besondern Kasten, brachte genugsame Lebensmittel hinein, und stieg endlich mit seiner Gemahlinn, der Pyrrha, selbst in denselben. Jupiter ließ darauf einen erschrecklichen Regen vom Himmel fallen, und bedeckte damit den größten Theil von Griechenland, so fern, daß alles, was im Wasser sterblich war, darinnen umkam, ohne gar wenige, die sich auf die höchsten Berge geflüchtet hatten. Deukalion fuhr in seinem Kasten neun Tage und neun Nächte einher, bis er endlich an den Berg Parnassus antrieb, und, da die Regen aufhöreten, auf demselben wieder ausstieg. Apollod. l. c. Andere wissen noch, daß die Erde viel Wasser über sich gestoßen, die Flüsse aufgeschwollen, und das Meer in die Hohe getreten, Deukalion hingegen in seinem erbaueten Kasten nicht nur sein Weib und seine Kinder, sondern auch von jeder Art der zahmen und wilden Thiere ein Paar mit hinein genommen. Lucian. de Dea Syra, p. 882. T. II. Opp. Man will auch, daß er endlich eine Taube habe aus dem Kasten fliegen lassen; und da solche wieder gekommen, so habe er geschlossen, daß das Wasser noch alles bedecke: allein, da sie weg geblieben, so habe er daher abgenommen, daß solches gefallen, und die Erde wieder empor gekommen sey. Plutarch. de sollercia animal. c. 28. p. 968. T. II. Opp. Als er indessen besagter maßen auf dem Parnasse wieder ausgestiegen, welcher denn von dem λάρνακι oder seinem Kasten den Namen Larnassus bekommen, wofür er aber mit der Zeit Parnassus genannt worden, Andron. ap. Schol. Apollon. laudante Muncker. ad Hygin. l. c. und er nach solcher überstandenen Gefahr dem Jupiter Phyxius, für seine Erhaltung, opferte, so schickte dieser den Mercurius an ihn, und ließ ihn fragen, was er von ihm verlangete. Er bat also, Jupiter möchte doch das menschliche Geschlecht wieder herstellen. Es befahl ihm dieser daher, daß er und Pvrrha Steine nehmen, und sie über sich zurück werfen sollten. Sie thaten solches, da denn aus Deukalions Steinen lauter Knaben, aus der Pyrrha ihren aber lauter Mägdchen entsprungen, welche zusammen λαοὶ genannt wurden, weil λάας im Griechischen einen Stein bedeutet, um also mit diesem Namen ihren Ursprung zu bemerken. Apollod. l. c. Wie er sich aber hierbey, nach einigen, auf dem Berge Athos, Serv loc. cit. nach andern auf dem Aetna, Hygin. loc. cit. oder auch sofort auf dem Parnasse erhalten, ohne doch erst in einen Kasten oder in ein Schiff zu treten: Orosius l. c. also soll er auch, nach einigen, den Apollo, Schol. Hor. ap. Munck. ad Hygin. l. c. nach andern aber die Themis Ovid. Met. l. c. v. 321. & 379. um Rath gefraget haben, wie er das menschliche Geschlecht wieder in Stand bringen solle, welche ihm denn befohlen, ihre Köpfe zu verhüllen, und ihrer Mutter Gebeine zu nehmen, und sie über sich zurück zu werfen. Anfänglich konnten sie nicht begreifen, wie sie dergleichen Sünde begehen und mit ihrer verstorbenen Mutter Gebeinen so schändlich umgehen sollten, bis sich endlich Deukalion besann, daß durch die Mutter die Erde, und durch ihre Gebeine die Steine verstanden würden. Sie kamen also dem Orakel auf anberegte Art nach, und versahen also nicht allein die Erde wieder mit Einwohnern, londern errichteten auch insonderheit dem Orakel zwölf besondere Altäre. Apollon. lib. III. v. 1087. Hiernächst erbauete er dem Jupiter Phyxius einen Tempel, welcher noch zu des Pisistratus Zeiten vorhanden war, da er ihn mit sehr großen Kosten wieder herstellete und Adrianus dem olympi schen Jupiter widmete. Pausan. in Attic. p. 31. & 32. Außer diesem stiftete er auch denjenigen ein Fest zu Ehren, welche in der Ueberschwemmung umgekommen waren. Man nannte es Hydrophoria und es daurete noch zu den Zeiten des Sylla. Plutarch. in Sylla, p. 270. T. I. Opp. Er soll sich auch nach dieser Wasserfluth meistentheils zu Athen aufgehalten haben, wo man nicht weit von gedachtem Tempel sein Grab wies. Pausan. l. c.

4 §. Familie. Seine Gemahlinn war, schon gedachter maßen Pyrrha, des Epimetheus, und mithin seines Vaters Bruders Tochter, mit welcher er denn den Hellen und Amphyktion wie auch die Protogenia zeugete. Apollod. lib. I. c. 7. §. 2. Einige geben ihm noch die Melantho zur Tochter, mit welcher Neptun den Delphus gezeuget, Euphorion ap. Nat. Com. lib. VIII. c. 18. wogegen der Protogenia und Jupiters Söhne Aethlius, Conon Narrat. 15. und Opus waren. Schol. Apoll. ad lib. IV. v. 1780.

5 §. Eigentliche Historie. Daß er ein König in Thessalien gewesen, Hellanicus ap. Schol. Apollon. ad lib. III. 108. & Iustin. lib. II. c. 6. §. 11. zuförderst aber in Lykorea am Parnasse, Marmor Arundell. ap. Marsh. Sæc. IX. p. 115. ums Jahr der Welt 2455 regieret, als da sich die Ueberschwemmung unter ihm eräuget haben soll, Petav. Rat. Temp. P. II. lib. II. c. 9. läßt sich gar wohl glauben; wie auch, daß durch ein Erdbeben, oder dergleichen Zufall der Ausfluß des Peneus zwischen den Bergen, Ossa und Olympus, verstopfet worden, also daß solcher Fluß das flache Thessalien unter Wasser gesetzet, Herodot. Polymn. s. L. VII. c. 129. cf. Marsh. l. c. item Banier Entret. XIII. ou P. II. p. 22. Dess. Erl. der Götterl. IV B. 247 S. Weil es nun von ungefähr eine Zeitlang stark dazu geregnet hat, so hat solches dem Jupiter gar wohl zugeschrieben werden können. Da sich also die Leute mit Kähnen, und sonst zu dem Deukalion auf den Parnaß begaben, Iustin. l. c. und nach verlaufenem Wasser sodann mit ihm wieder da herunter kamen, so kann man gedichtet haben, er habe sie aus den Steinen hervor gebracht. Hierzu mag vielleicht etwas beygetragen haben, daß solche Leute mir der Zeit sehr hart und gleichsam steinern geworden. Ovid. Metam. I. v. 414. Einige wollen glauben, daß das phönicische Wort Abanim Gelegenheit zu solchem Gedichte gegeben habe, da es nicht nur Steine, sondern auch Söhne bedeutet. Man will daher, daß die Söhne derer, die in der Ueberschwemmung erhalten worden, das verödete Land wieder besetzet hätten. Cleric. Compend. Histor. p. 15. Was hierbey von Deukalions Kasten, und noch mehr von dessen Tauben, ingleichen den Paar und Paar zu sich genommenen Thieren vorgegeben wird, ist offenbar aus des Noa Historie entlehnet. Huet. D. E. Prop. IV. c. 10. §. 6. cf. Buddeus ad Hist. Eccles. V. T. Per. I. Sect. II. §. 3. p. 183. Ueberhaupt erkennet man aus den vielen nach und nach hinzugekommenen Ausschmückungen die Spuren deutlich, wo man solche hergehohlet hat. Ban. am angef. Orte 248 S. So will es auch nicht glaublich fallen, daß solche Ueberschwemmung bis an den Parnaß gegangen, weil zwischen diesem Berge und Thessalien das hohe Gebirge Oeta darzwischen liegt. Abel Hist. Monarch. lib. II. c. 1. §. 3. Noch ungegründeter ist es, was von dem Aetna bey dieser Historie gemeldet wird, es sey denn, daß man glaube, diese deukalionische Wasserfluth sey eben die allgemeine Sündfluth gewesen, wofür sie einige allerdings gehalten. Id. ibid. lib. I. c. 2. §. 8. Dieses läßt sich ohne anderer ihre gegebenen Ursachen infonderheit einiger maßen fast daher schliessen, daß die Schriftsteller deren Gegend so gar verschieden bemerken, und einige sie in Thessalien, andere in Attika setzen, so gar daß man auch zu Athen lange Zeit ein Loch gewiesen, wo sich das Wasser wieder hinein verlaufen haben sollte, daher man denn jährlich etwas Honig und Weizenmalz, als ein Opfer, in selbiges zu werfen pflegete; Pausan. Att. c. 18. p. 32. Die dritten setzen sie in Phocis, Idem Phoc. c. 6. p. 619. die vierten in Molossis, Aristot. de Meteor. lib. I. c. 14. die fünften in Syrien, Lucian. ap. Abel. l. c. die sechsten nicht undeutlich in Aegypten, Diod. Sic. ap. eumd. l. c. die siebenten in Sicilien, wie schon oben beygebracht worden; da es doch schlechterdings unmöglich ist, daß so weit von einander gelegene, oder auch nur so hohe Berge unterschiedener Länder, ohne eine allgemeine Ueberschwemmung, von solcher Wasserfluth hätten betroffen werden können. Cf. Ge. Schubarti explic. Metam. Ovid. de diluv. Deucal. in Gronov. Thes. Ant. gr. T. X. p. 701.

6 §. Anderweitige Deutung. Unter andern soll er bemerken, daß ein weiser Mann auch steinerne, d.i. harte und ungeschlachte Leute klug und fromm machen könne; jedoch aber zugleich auch, daß Gott fromme Leute in allgemeinen Landplagen zu erhalten wisse, ob sie gleich wie Deukalion in seinem Kasten eine Zeitlang auf den Fluthen hin und her getrieben werden. Nat. Com. lib. VIII. c. 17. cf. Masen. Spec. Ver. occ. c. 22. n. 39.


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