- Pelias
PELIAS, æ, Gr. Πελίας, ου, (⇒ Tab. XXV.)
1 §. Namen. Diesen bekam er von einem blauen Flecke, welchen ihm in seiner ersten Kindheit ein Pferd ins Gesicht trat. Apollod. l. I. c. 9. §. 8. Er heißt nach demselben also lateinisch so viel, als Livius. Interpr. Apollod. l. c.
2 §. Aeltern. Nach einigen war sein Vater Kretheus, des Aeolus Sohn, Hygin. Fab. 12. nach andern aber selbst Neptun. Denn als seine Mutter, Tyro, des Salmoneus Tochter, sich in den Fluß Enipeus verliebet hatte, und daher immer an denselben gieng, und ihm ihr Leiden klagete, so nahm endlich Neptun des Enipeus Gestalt an, und erfüllete ihr ihren Willen. Sie gebar darauf ein Paar Zwillinge, nämlich diesen Pelias und den Neleus. Well sie aber ihre Schande nicht wollte offenbar werden lassen, so setzete sie beyde Kinder hinweg. Man trieb ungefähr einige Pferde an dem Orte vorbey, und eine Stute davon trat den Pelias in das Gesicht, daß er einen blauen Fleck bekam; und hiervon gaben ihm denn die Hirten, die ihn aufhuben, hernach seinen Namen. Apollod. l. I. c. 9. §. 8.
3 §. Stand und Thaten. Weil des Salmoneus andere Gemahlinn seiner Mutter sehr übel begegnet war, er und sein Bruder aber immittelst ihre männlichen Jahre erreicht hatten, so griffen sie dieselbe an. Ob sie sich nun wohl in den Tempel der Juno, und so gar auf den Altar derselben flüchtete, so richtete er sie den noch hin. Apollod. l. I. o. 9. §. 8. Nachher gerieth er mit seinem Bruder, Neleus, dergestalt in Streitigkeit, daß er soleben vertrieb, und nach Messenien zu gehen zwang. Id. ib. §. 9. Er blieb hingegen in Thessalien, Id. ib. §. 10. und behauptete die Herrschaft zu Iolkos, welche eigentlich seinem Bruder Aeson gehörete. Als er aber eines Males den Apollo fragte, wer ihm folgen würde, so antwortete ihm selbiger: er würde von einem Aeoliden gestürzet werden, und solle sich vor dem hüten, der nur in einem Schuhe zu ihm kommen würde. Pindar. Pyth. Od. IV. 126. Als er darauf dem Neptun ein feyerliches Opfer brachte, und darzu auch den Jason einlud, so erschien solcher in dergleichen Aufzuge; welches denn dessen Fahrt nach Kolchis veranlassete. Apollod. ib. §. 16. & Apollon. l. 1. v. 5. Sieh Iason 4. §. Es war aber dieser Jason seines Bruders, Aesons, Sohn, Diod. Sic. l. IV. c. 51. p. 176. und also seines Großvaters, Salmoneus, Bruders, des Kretheus, Enkel. Apollod. l. c. §. 8. 11. 16. cf. Hygin. Fab. 12. Orpheus Argon. v. 55. & Valer. Flacc. Argon. l. I. v. 22. In seiner Abwesenheit, da der Ruf durch Thessalien gieng, Jason sey mit allen seinen Gefährten auf dem euxinischen Meere umgekommen, entschloß sich Pelias, alle diejenigen, welche einiger maßen nach dem Reiche streben könnten, aus dem Wege zu räumen; welches er denn auch ins Werk richtete. Diod. Sic. l. c. cf. Apollod. l. I. c. 9. §. 27. Sieh Aeson u. Amphinome.
4 §. Gemahlinn und Kinder. Erstere war, nach einigen, Anaxibia, des Bias Tochter, nach andern aber, Philomache, Amphions Tochter, mit welcher er den Akastus, die Pisidice, Pelopea, Hippothoe und Alcestis zeugete. Apollod. l. I. c. 9. §. 10. Einige zählen zu dessen Töchtern noch die Medusa, und nennen die Pisidice Isodice, sie zusammen aber überhaupt Peliaden, wobey sie unter denselben die Alcestis zur ältesten machen. Hygin. Fab. 24. Noch andere geben deren nur drey an, und nennen sie Alcestis, Amphinome und Evadne; Diod. Sic. l. IV. c. 54. p. 178. oder Alcestis, Antinoe und Asteropea. Apollod. l. c. §. 27.
5 §. Tod. Als Jason aus Kolchis wieder zurück kam, und in der Stille in einem Haven Thessaliens anländete, so erfuhr er, was Pelias mit seiner Familie vorgenommen hatte. Er gedachte also auf billige Rache: es war aber die Frage, ob man sie mit Gewalt, oder mit List, ausführen wollte. Weil nun zu dem erstern die Argonauten sich zu schwach befanden, zu dem andern aber sich keine Gelegenheit eräugete, und man daher beynahe auf den Anschlag gerieth, daß ein jeder der Argonauten in seinem Lande Volk zusammen bringen, und also den Pelias mit gesammter Macht überziehen wollte: so schlug Medea, Jasons Gemahlinn, sich ins Mittel, und erboth sich, solche Rache allein auszuführen. Sie verstellete sich daher in eine alte Frau und Priesterinn der Diana, nahm dieser Göttinn Bild, und begab sich damit nach Iolkos. Hier machte sie so viel Lärmen mit ihrer Göttinn, daß die ganze Stadt zusammen lief. Nachdem sie mit selbiger nun auch zu dem Pelias kam, so plauderte sie ihm so viel vor, daß er sich für den glückseligsten König hielt, die Diana bey sich zu beherbergen, zumal da Medea zugleich vorgab, sie hätte Befehl, den Pelias wieder jung zu machen. Er hegete zwar über letztes einigen Zweifel: allein, Medea machte an sich die Probe, ließ sich frisch Wasser geben, gieng damit in ein Nebenzimmer, wusch sich ihre Salben wieder ab, und erschien darauf in ihrer wahren und gar annehmlichen Gestalt, wodurch sie alle in Erstaunen setzete. Als sie nun noch machte, daß sich allerhand Schlangen und Drachen vor des Pelias und anderer Anwesenden Augen zeigeten: so gab ihr der König vollkommenen Glauben, und befahl seinen Töchtern, alles zu thun, was ihnen Medea befehlen würde. Diese noch mehr zu bethören, nahm sie in ihrer Gegenwart einen alten Widder, zerstückte ihn, kochte ihn in einem Kessel, und machte, daß ein junges Lamm dafür wieder heraus sprang. Hierdurch wurden die Prinzessinnen vollends eingenommen, machten sich insgesammt, bis auf die Alcestis, welche durchaus keine Hand mit anlegen wollte, an den Pelias, tödteten ihn, hieben ihn in Stücke, und thaten solche in einen Kessel, sie zu kochen. Medea gab darauf vor, sie müßten noch erst der Luna zusammen ein Opfer bringen, führete daher die Prinzessinnen mit angezündeten Fackeln zu oberst auf das Schloß, und gab solcher Gestalt den Argonauten die Losung, daß Pelias todt sey. Diese säumeten denn mittler Weile, da die Prinzessinnen wieder herab gestiegen, und sich an das Kochen ihres Vaters gemacht hatten, nicht, in das Schloß einzudringen, und sich dessen, sammt der Stadt zu bemächtigen; da denn die guten Prinzessinnen, als sie sahen, wie sie betrogen worden, sich selbst hinrichten wollten. Allein, Jason hielt sie noch davon ab; und wie solcher dem Akastus, des Pelias Sohne, das Königreich wieder zustellete, also versorgete er auch die erwähnten Prinzessinnen mit anständigen Männern. Diod. Sic. l. IV. c. 51. 52. 53. p. 176. Nach andern sollen des Pelias Töchter seine Verjüngung ohne sein Wissen haben vornehmen wollen. Er erwachte aber darüber, da sie ihn eben hinrichten wollten, und doch auch die Gesichter von ihm abwendeten. Da er sie nun ihrer That halber anredete, so ließen sie vor Schrecken die Degen fallen; und da soll ihn denn Medea selbst vollends abgekehlet haben, und darauf mit ihren Drachen durch die Luft davon gegangen seyn. Ovid. Met. VII. v. 297. Es stellete ihm aber Akastus hernach besondere Leichenspiele an, welchen Jason selbst beywohnete, und in denen Zethus, Kalais, Kastor, Pollux, Telamon, Peleus, Herkules, Meleager, Cygnus, Bellerophon, Jolaus, Eurytus, Cephalus, Olympus, Orpheus, Linus und Eumolpus, ein jeder auf seine Art den Preis erhielten. Hygin. Fab. 273. cf. Pausan. El. prior. c. 17. p. 320. Aus diesen Kampfspielen aber hat man eben schließen wollen, daß Pelias schon todt gewesen, als die Argonauten angekommen, und nicht erst von Jasons Gemahlinn sey umgebracht worden. Banier Erl. der Götterl. IV B. 582 S.
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