- Tennes
TENNES, æ, Gr. Τέννης, ου, des Cyknus und der Proklea Sohn, wurde von seiner Stiefmutter, Philonome, zu ungeziemenden Dingen ersuchet. Weil er aber nichts davon hören wollte, so gab sie ihn bey dem Cyknus an, als habe er sie zu dergleichen mit Gewalt zwingen wollen. Dieser wurde dadurch so aufgebracht, daß er den Tennesnebst seiner Schwester, Hemithea, in einen Kasten stecken und ins Meer werfen ließ, welches sie aber unbeschädigt an die Insel Leukophrys antrieb, die nach der Zeit von ihm Tenedus genannt wurde. Cyknus entdeckete nachher seiner Frauen Bosheit, setzte sich zu Schiffe, und fuhr nach dem Tennes zu, um sich seines übelen Verfahrens willen bey ihm zu entschuldigen. Allein, Tennes ließ ihn nicht dazu kommen, sondern hieb das Thau, womit er sein Schiff am Ufer befestiget hatte, mit einer Doppelaxt entzwey, daß er wieder abfahren mußte. Als Achilles darauf einen Streif in solche Insel that, so wurde Tennes, bey Vertheidigung derselben, von ihm erleget. Pausan. Phoc. c. 14. p. 634. Conon. Narrat. 28. Nun erklärete man zwar obige Erzählung für eine Fabel. Strabo l. XIII. p. 604. Dem ungeachtet wurde er, weil er sehr löblich regieret hatte, nachher dennoch göttlich verehret. Es durfte aber weder des Achilles Namen in seinem Tempel genennet werden, noch irgend ein Pfeifer in denselben kommen, weil einer von ihnen, Molpus, seiner Mutter wider ihn hatte zeugen helfen. Plutar. Quæst. Gr. 38. & Diod. Sic. l. V. c. 84. p. 240. Cf. Hemmer Respubl. Tenedior. c. 2. p. 25. Seine Bildsäule war sehr schön; und deswegen nahm sie Verres, ungeachtet alles Seufzens der Tenedier, mit hinweg, da man sie denn zu Rom eine Zeitlang in dem Comitio sah. Cicer. in Verr. I. c. 19. p. 249. a. b. Tennes errichtete sich ein kleines Königreich in solcher Insel, und erbauete die Hauptstadt daselbst. Er führete die Gewohnheit mit ein, daß, wenn einer den andern vor Gericht. anklagete, der Scharfrichter so gleich mit dem Beile hinter dem Kläger stund, damit er ihn, wenn man fände, daß er den andern unschuldiger Weise verklagete, sogleich deshalber bestrafen könnte. Suid. in Τενέδιος ἄνθρωπος, T. III. p. 446. Desgleichen gab er ein Gesetz wider den Ehebruch, daß diejenigen mit dem Beile sollten hingerichtet werden, die dessen überzeuget würden. Da dieses nun nachher seinen eigenen Sohn betraf, so that er den Ausspruch, man sollte nach dem Gesetze verfahren. Hiervon sollen denn das doppelte Gesicht und die Doppelaxt auf den tenedischen Münzen kommen. Hemmer l. c. c. 5. p. 71. Einige geben ihn auch für des Apollo Sohn an, und soll Achilles hernach seinethalber insonderheit wiederum von dem Apollo seyn erschossen worden. Tzetz. ad Lycophr. v. 232. Die Tragödie, welche Euripides von ihm geschrieben, ist verloren gegangen. Fabric. Biblioth. Gr. l. II. c. 18. §. 3.
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